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31. Mai 2017 - Oldenburger Land

Bürokratiemonster statt Präventionsbeitrag

Jugendverbände sehen offene Jugendarbeit gefährdet

Am 2. Juni wird der Bundesrat als 24. von 50 Tagesordnungspunkten über die Novelle VIII § 48b des Sozialgesetzbuchs VIII beraten. Das Bundeskabinett hat sie schon gebilligt. Doch bundesweit laufen Jugendverbände und Jugendhilfeträger dagegen Sturm. „Der Gesetzesentwurf ist ein Bürokratiemonster, aber kein Beitrag zur Prävention“, zeigt sich auch der BDJK Landesverband Oldenburg überzeugt. Per Brief hat er Bischof Dr. Felix Genn, Weihbischof Wilfried Theising, Jugendbischof Stefan Oster in Passau und alle Abgeordneten der Region aufgerufen, sich gegen diese Novelle auszusprechen. 

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Holger Ungruhe

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Hannes Nieland

„Dieses Gesetzesvorhaben wird Auswirkungen auf unsere Arbeit für und mit Jugendlichen haben“,  zeigt sich Jugendpfarrer Holger Ungruhe überzeugt. Im Oldenburger Land vertritt der BDKJ als Dachverband 11.000 Jugendliche, dazu kommen 7.500 Messdiener/innen. Im ganzen Bistum Münster sind es 75.000 Mitglieder von Jugendverbänden und 36.000 Messdiener/innen. „Wird die Novelle umgesetzt, sehen wir unseren Einsatz für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gefährdet.“

Der Gesetzesentwurf lasse es unklar, wer als Träger offener Jugendarbeit gelte, ergänzt Hannes Nieland, Referent für politische Bildung am Bischöflich Münsterschen Offizialat. In vielen Pfarrheimen bekämen Jugendgruppen und Verbände Räume zur Verfügung gestellt. Hier sei jeder junge Mensch willkommen. Aus solchen eher offenen Treffs können sich feste Jugendgruppen bilden. In der Anfangsphase erfülle eine solche Gruppe alle Voraussetzungen einer offenen Einrichtung. „Müssen wir jetzt davon ausgehen, dass unsere meist ehrenamtlich getragene Jugendarbeit denselben Maßstäben entsprechen muss wie hauptamtliche Jugendarbeit?“, fragt Nieland.

Der Paragraph 48b fordere von Trägern der offenen Kinder- und Jugendarbeit Meldungen, wenn es „Ereignisse oder Entwicklungen gibt, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen.“ Eine Nicht-Beachtung könne Bußgelder nach sich ziehen. Doch leider seien die „Ereignisse und Entwicklungen“ nicht näher definiert, klagt Nieland. Auch er sieht die Gefahr, dass sich zukünftig kaum noch Ehrenamtliche bereitfinden, Verantwortung für einen Jugendtreff oder Jugendarbeit zu übernehmen und Kirchengemeinden kaum noch Räume zur Verfügung stellen.

In der katholischen Kirche und ihrer Jugendarbeit sind in den vergangenen Jahren viele Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt ergriffen worden, sagt Ungruhe. Haupt- und Ehrenamtliche wurden umfangreich geschult, viele Pfarreien und Jugendverbände hätten institutionalisierte Schutzkonzepte erstellt. Die besagte Novelle verlange jetzt die vermehrte Erhebung von Daten von Einrichtungen. Und das wiederum, so der BDKJ-Präses, binde in Jugendämtern und Verbänden viele Ressourcen, die für einen wirksamen Kinderschutz fehlen. Sein Fazit: „Der § 48b ist nicht im Sinne der Jugendarbeit.“

Mit ihrer Kritik stehen die Oldenburger Verbände nicht allein. Würde die Novelle umgesetzt, unterlägen alle Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit einer Meldepflicht, wie sie für Kitas und stationäre Einrichtungen gilt. Bundesweit geht der Deutsche Bundesjugendring geht von über 20.000 betroffenen Einrichtungen aus. „Selbstorganisierte Jugendtreffs unterliegen dann strengeren Auflagen als Kneipen und Gaststätten“, moniert auch der Landejugendring. Und Prof. Dr. Felix Bernhard, Leiter des katholischen Büros in Niedersachen, warnt in einem Schreiben an Sozialministerin Cornelia Rundt vor „weitreichenden negativen Folgen für freie und öffentliche Träger der Jugendarbeit“. Der bundesweite Widerstand lässt Ungruhe und Nieland aber hoffen. „Wir setzen noch auf Verbesserungen“, sagen sie.

Ludger Heuer